suna
Wednesday, 30. January 2013
winter


ich war bestimmt nicht besonders schnell. weder ist der obstgarten hinter dem haus meiner eltern so steil, noch so groß wie er mir damals erschien. ins flache kommend wurde ich außerdem etwas abgebremst, schnee hatte sich irgendwie zusammengeschoben und ein bisschen aufgetürmt, war ein kleiner hügel am hügel geworden. vielleicht war ich drei, vielleicht war das der erste winter in diesem haus, mit diesem garten, vielleicht war es aber auch der zweite winter nach einem ersten sommer, der in meiner erinnerung nur aus kamillenblüten besteht – dem pflücken im garten, das sicher ein rabiates abreißen war, die blüten auf dem karton, zum trocknen aufgelegt, die blüten in der badewanne, im tee – erinnerungsbilder, die ich mir in den kritischen sekunden selbst nicht ganz abnehme, aus diesem sommer oder einem anderen dieser ersten sommer vor einem winter, in dem ich darauf bestand, allein zu fahren, allein den schlitten zu führen.

der großvater hatte ihn gebaut, und er hatte sich hinter mich gesetzt, die arme um mich gewickelt, die schnur gehalten und mit den füßen diesen schlitten gelenkt, für den er viel zu groß war, auf diesem schlitten zu sitzen war für ihn wie auf einem buch zu sitzen, ein balanceakt, von dem ich nicht genug bekommen konnte. tausend rauf gelaufen und runter gefahren, beim laufen immer der spur ausgewichen, beim fahren immer den bäumen. in meiner erinnerung wurde es dann langsam dunkel, gingen im haus eines nach dem anderen die lichter an, und bestimmt war alles nass und kalt, aber zu merken war davon nichts. ich glaube, ich hatte ihn nicht dazu überreden müssen, die gefahr war ja überschaubar, der garten ist nicht so groß und nicht so steil, wie es der erzählung schmeicheln würde. ich nahm den schlitten und zog ihn hoch, ich setzte mich drauf, nahm die schnur, hielt sie, so fest ich konnte und stieß mich so fest es ging ab. alles ging gut, bis dann, schon im flachen, der kirschbaum auftauchte, der riesenbaum, der überbaum dieses gartens, älter als alle anderen pflanzen, groß und wuchtig wie aus dem dschungelbuch. es tat nicht weh. ich heulte trotzdem lange. glaube ich.

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Tuesday, 29. January 2013
aufschrei


deutschland diskutiert sexismus, reduktion auf äußerlichkeiten etc. derstandard.at braucht klicks, lässt über "die schönste crew" http://goo.gl/XAJZG abstimmen und gibt über twitter bekannt: "och, im reiseressort ist sowas doch nett"

top-land, mein land, top-medien, meine medien.

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selbstschutz


ich glaube, jetzt kann ich ihn. jetzt hab ich ihn jederzeit zur hand. nach langem üben bin ich mir sicher: wenn der moment kommt, kann ich mich darauf verlassen, dass die fäuste in den taschen versteckt bleiben, die schultern sanft nach hinten kippen, der hals sich streckt, die mundwinkeln sich fast unmerklich nach oben schieben, die nasenflügel sich beim langsamen ein- und ausatmen lockern, die stirn sich entspannt und den weg für ihn ebnet: den blick. ich hab hin und her überlegt und mich dann für den madonnnenblick entschieden, den vor dem spiegel zu üben meine selbstachtung verletzen würde, ein weiteres mal. ich kann ihn auch so. mit dem madonnenblick werde ich sie lange ansehen, dann, wenn der moment kommt, und sie wird sehen, dass ich sie ansehe und gleichzeitig durch sie hindurchsehe, weil das, was sie darstellt, für mich nicht mehr begreiflich ist. in meinem madonnenblick wird sie sehen, dass sie unsichtbar ist für mich, nur noch hülle ist, ein weiterer vogel, der meinen weg kreuzt, ein weiteres auto, eine weitere regenschnur, ohne eine bedeutung, die irgendwie von dauer wäre. sie wird versuchen, ihn einzufangen, ihn festzumachen, sie wird herumbrüllen und die fäuste strecken. wie ein kind wird sie sich wieder auf den boden werfen und wie ein kleinstkind um aufmerksamkeit brüllen und mein madonnenblick wird in sich und auf ihr ruhen. es wird kein mitleid in ihm zu finden sein. fern von verachtung, fern jedes anflugs von abscheu wird er sein und sie nicht erkennen. er wird lebendig sein, aber nicht offen für ihr leben, das sie so gerne in meines eingemeinden würde. er wird nicht sehnsüchtig sein, nicht hoffnungsfroh, nicht herabwürdigend und schon gar nicht arrogant.

sie wird nichts mit ihm anfangen können. er wird sie in die knie zwingen. er wird sie aufstampfen lassen, die schultern heben, sie wird mich wieder packen und versuchen, worte aus mir heraus und diesen blick endlich von ihr weg zu schütteln, aber es wird keine worte für sie geben und auch keinen blick, der sie wahrnimmt, weil dann, wenn der moment kommt und sie vor mir stehen und meine aufmerksamkeit einfordern wird, da nämlich nichts mehr sein wird für meinen blick, nichts, das er berühren könnte, kein gehör, auf das meine worte treffen würden, keine hülle, die meine hände von mir wegstoßen würden. ohne etwas zu tun, wird mein blick ihre scheinheiligkeit offen legen, aus ihr werden worte strömen, sätze, vorwürfe und anschuldigungen, sie wird auf das repertoire aus schlechten filmen zurückgreifen, zwischendurch die sätze der therapeutin wiederkäuen, sie wird dinge sagen, von denen sie später behaupten wird, auch vor sich selbst, sie hätte das recht, solche dinge zu sagen. denn sie wird glauben, dass das, was sie fühlt, schmerz ist, aber sie wird nicht wissen, welche art von schmerz das ist, sie wird ihn als allgemeinen, tumben schmerz erfahren, den sie nur als ausrede braucht, um alles und alle zu tyrannisieren, im wahnsinn, von dem sie später erzählen wird, dass er ihr zusteht. mein blick wird sie dazu veranlassen, in mir einen unmenschen zu sehen, weil ihr, auf deren provokation immer, immer, immer aufmerksamkeit folgt, dieser blick völlig fremd sein wird. sie wird sich mir entfremdet fühlen, sie wird mich verabscheuen, sie wird erzählen, sie habe einen moment erlebt, in dem sie nicht mehr fähig war, an das gute im menschen zu glauben. sie wird diesen blick für seelische kälte und grausamkeit halten und ahnen, dass das mit kälte genausowenig zu tun hat wie mit gleichgültigkeit, den beides hieße, sie, die damit bedacht wird, akzeptiert zu haben. doch mein blick wird ihr das sein erlauben, ohne dass es in meinem sein wahr- und aufgenommen wird, für mich wird da einfach nichts sein, nichts mehr sein. mein blick wird dieses nichts nicht mehr an mich heranlassen, er wird es sein lassen. sie wird mich zu boden stoßen, in den schlamm, in den dreck, und ich werde aufstehen und ruhigen schrittes nachhause gehen. es wird nichts geschehen sein.

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Monday, 28. January 2013
hallo



ja, äh, hallo!
schön, dass da mal wer rangeht!
nee nee nee, wollte nur mal 'n guter sohn sein und sagen, dass ich zurück bin in deutschland.
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jajaja, grad ausm flugzeug in berlin ausgestiegen, grad wieder empfang aufm deutschen handy.
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nee nee, alles gut, gut wieder zurück in der heimat, ja ja.
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nee nee nee ich hab angerufen silvester, aber halt vor silvester und da hat keiner abgehoben! aber was denkst du denn? dass ich dich mit drei promille noch anrufe? nee nee nee, das bring ich nicht.
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doch, ich hab angerufen an silvester! sag ich doch, zu früh, aber mit drei promille ruf ich dich doch nicht an, das weißt du doch!
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ja, mama, bin gut zurück, in berlin, geh jetzt mal ein zwei bier kippen.

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Sunday, 27. January 2013
kalt


hundert mal schreiben und hundert mal löschen und denken, zu persönlich, das geht nicht, was, wenn es dann doch missverständlich ist oder wird oder mir dann doch unangenehm, was, wenn das nicht mehr funktioniert, das mit dem wegschreiben der dinge, die unmittelbar so an mir rütteln, dass ich sie irgendwohin bringen muss, transferieren oder sogar umwandeln muss, um mich wieder freizubekommen, was also, wenn das nicht mehr geht, sondern das, was war, dann da steht und seine wirkung nicht verliert, wenn das, was da steht, dann bei jedem wiederlesen wieder alles hochkommen lässt, das mitgefühl, die trauer, was, wenn sich dann wieder die fassung zu verflüchtigen droht, wenn das unerklärliche dann immer wieder in seiner ganzen unerklärlichkeit auch alles andere in frage stellt? es war so unfwahrscheinlich kalt.

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Saturday, 26. January 2013
und weiter


mehr zeit für freunde.

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