suna
Sunday, 26. August 2012
musik


vom lange ersehnten regen aufgewacht heute nacht und den traum noch ein paar sekunden mitgenommen ins wache und den regen als applaus verkannt, applaus für menschen auf einer bühne, einer bühne ohne tiefe, die menschen so weit vorne an der rampe, so nah am orchesterboden, dass sie sich nicht verbeugen konnten, ohne in tiefe zu fallen, dass sie nur ungelenk nicken konnten, ungelenk, weil jede bewegung ungelenk wird, fahrig, wenn sie nicht der ihr zugrunde liegenden emotion entsprechen kann. im regen der nacht festgestellt, dass ich mich nicht erinnern kann, je zuvor musik geträumt zu haben.
(amadeus gesehen)

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Tuesday, 21. August 2012
ach, heimat, ach, ach, ach


der österreichsiche chefredakteur und chefliteraturkritiker eines österreichischen gratismagazins führt sechs gute, österreichische gründe an, ein buch von einer österreichischen autorin zu lesen, und jedenfalls will die österreichische leserin der von dem österreichischen chefredakteur verfassten kritik jetzt diese seine gründe erzählen, äh, zitieren:
1) Das Buch ist gut recherchiert, klug, aber nie verkopft
2) Das Buch ist durch und durch österreichisch
3) Die Autorin hat Witz und kann erzählen
4) Dieser Roman wird verfilmt werden – als Bestseller
5) Womöglich kann sich sogar das Feuilleton mit diesem Stück Popliteratur anfreunden
6) Das Buch ist ein Anti-Anti-Heimatroman ohne Angst vor Kitsch und Happy End
...weil sie sich gelegentlich dafür geniert, dass sie den deutschen feuilletongegnern gerne gelegentlich und österreichisch selbstmitleidig sagen will: freut euch doch, ihr habt keine vorstellung, wie viel schlimmer es gehen kann.

http://www.thegap.at/buchstories/artikel/6-gute-gruende-blasmusikpop-zu-lesen/

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Monday, 20. August 2012
größe


wann habe ich zum ersten mal realisiert, dass die sechs jahre jüngere schwester über mich hinausgewachsen ist? wie alt war ich, wie alt war sie? hat sie es vor mir bemerkt? haben es die eltern zuerst gesehen, die zweite schwester, die nur annähernd gleich groß ist wie ich? warum weiß ich das nicht mehr? (weil es keine bedeutung hat?) warum weiß ich so wenig über die zeit, in der sie vorerwachsen wurde, über die paar jahre vor dem studium, als ich nicht mehr zuhause war?

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Saturday, 18. August 2012
würde


ein hirsch, ein schuss, ein zucken. ein, zwei sprünge nach vorne, ein zwei sprünge zurück, das hohe gras zittert, kein vogel singt, kein vogel schreit, kein verwandter, verbrüdeter, verbündeter flüchtet. der hischkörper kippt um, nicht langsam, nicht schnell, der von glänzendem fell überzogene hirschkörper verschwindet im hohen gras, das kurz raschelt, kurz bebt. die vier läufe stehen in der luft, der erste knickt ein, der zweite, der dritte. die zeit dazwichen folgt keiner dramaturgie. der vierte fällt auf den körper, langsam und lautlos fällt er nach vorne, der schwerpunkt des getroffenen, schweigenden, nicht leidenden hirschkörpers verlagert sich, der getroffene hirsch rollt die lichtung hinab, rollt aus dem hohen gras hervor. zwei, drei mal dreht er sich um die eigene achse, bevor er zu liegen kommt. eine halbe minute, in der keine fliege ihn findet, in der kein vogel ihn verrät. auch das gras hält still.
(eine szene in einem film, eine szene, die nicht gestellt wurde. große rührung und betroffenheit, aber kein schlechtes gewissen, keine vegetarierhysterie, sondern eine seltsam tief empfundene, in dieser intensität schon sehr lange nicht mehr empfundene dankbarkeit.)

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Sunday, 10. June 2012
ich will


ich will nicht mitmachen in dem hallo-hier-bin-ich-gerufe, ich will nicht zustimmend sagen, da-hast-du-recht und auch nicht pseudo-kritisch erwidern man-kann-das-aber-auch-ganz-anders-sehen, ich will mich nicht einkuscheln in die selbstreferenzialität dieses erbärmlichen landes und seiner erbärmlichen wiederkäuer-meinungsmacher. ich will ruhe. ich will nachdenken. ich will denken. ich will lieber zu einem guten gedanken kommen anstatt 140 140-zeichen-quatsch-sätze auf die welt loszulassen. auch wenn den dann niemand bemerken wird.

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Tuesday, 5. June 2012
vergessen


das dringende bedürfnis, sich vergessen zu dürfen, sich und die verantwortung für sich und andere und überhaupt, nur fünf sorgenfreie minuten, was für ein wundervolles geschenk das gerade wäre, was für eine gnade, der erbärmlichkeit der ständigen geldsorgen zu entkommen, nur für fünf minuten, dass man wenigstens wieder die kraft hat, mut zu fassen, irgendwo ein fünkchen dieser ständigen scheißhoffnung auszufassen, weil man nicht einsehen will, dass das alles nicht gehen soll, nicht so, dass es sich irgendwie finanziell auch ausgehen soll, diese fünf minuten, die wären so dringend notwendig gerade, auch wenn sie ein läppischer wunsch sind angesichts der weltennot, etc.

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