suna
Tuesday, 27. August 2013
der kuss


am sonntag abend deuten nur die eingerollten markisen auf das markttreiben am samstag vormittag hin. mit den bauern haben auch ihre stände die stadt verlassen, der asphalt wurde gekehrt, der müll aus dem blickfeld gerückt. sonntags haben auch die am markt ansässigen händler zu, die lokale und stehcafés. wer die karte der tiefgarage im auto vergessen hat, muss lange klingeln, bis ihm aufgemacht wird. nur ganz selten spielen hier kinder. während ihre väter auf ihre handys schauen, versuchen sie sich auf skateboards. manche üben auf rollern das schnell beschleunigen und noch schneller bremsen. viel wahrscheinlicher aber ist es, am sonntag am markt überhaupt niemandem zu begegnen. wenn man die kleinen rinnsale übersieht und sneakers trägt, kann man über den markt gehend seine eigenen schritte hören, und sonst tut sich nichts.

ich sehe das paar nicht sofort. ein kleiner gemüsetransporter verdeckt den blick, bis ich ein stück von der direkten diagonale, die über den markt führt, abrücke. dann sehe ich sie. mitte zwanzig, in etwa gleich groß. enge jeans, weiße t-shirts, sonnenbrillen. sie küssen sich. sie bemerken mich nicht, sie würden es aber auch nicht bemerken, würde der gemüsetransporter wegfahren und im rückwärtsgang laut zu tröten beginnen. ineinander verschlungen stehen sie da, neigen sich mal in ihre, mal in seine richtung. er hält sie um die hüften, sie hat ihre arme um seinen kopf gelegt. nie lachen sie, soweit ich das sehen kann, nie lächeln sie. sie küssen sich, ohne sich zu necken. bevor ich um die ecke biege, sehe ich ein letztes mal hin. immer noch liegen sie einander mit großem ernst in den armen.

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Friday, 23. August 2013
ein Unfall


ein unfall: ein auto schießt eine vespa ab. der junge mann stürzt über das auto drüber auf den straßenrand. er könnte tot sein. er hat offene brüche an beiden beinen. das blut fließt. die knochen stehen hervor. der autofahrer steht so stark unter schock, dass er nicht aussteigen kann. der junge mann mit den zerfetzten beinen bringt sich selbst in seitenlage. er zieht sein handy aus der hosentasche, brüllt einen passanten an: ruf a an! a ist seine schwester. sie ist ärztin. sie ruft die rettung. in einer woche wird sie heiraten, ihr bruder sollte ihr trauzeuge sein. jetzt steht nicht fest, ob ihr bruder dann wieder gehen können wird. es steht nicht fest, ob ihr bruder je wieder gehen können wird. sie werden ihn sechs stunden lang operieren. es wird heißen, seine beine werden ein halbes jahr brauchen, bis sie wieder einsatzbereit sind, ohne stützen, ohne schrauben, ohne schienen. er wird trainieren, er wird mut fassen, er wird schneller fortschritte machen, als die ärzte es vorhergesagt haben.

niemand der passanten ist ihm zu hilfe gekommen. mitten in wien, auf einer stark befahrenen straße, bei einem spektakulären unfall. einem so spektakulären unfall, dass einen tag später bilder davon im gratisschundblatt zu sehen sind. von menschen dort reingestellt, die sich journalisten nennen. von menschen fotografiert, die sich menschen nennen.

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Thursday, 22. August 2013
dann mal, später


ob ihnen das auffallen wird, dann mal, später, wenn sie die bilder auf den computer ziehen und nochmal drauf schauen, einmal noch, dass sie an diesem einen, warmen tag in wien, als sie die paar schritte über den donaukanal hinüber wagten, ein paar schritte die taborstraße entlang gingen, das hotel stefanie sahen und quasi gleichzeitig sagten, stefanie, dass ist ja dein / mein hotel, da machen wir doch ein foto von, und sie sich vor das hotel stellte und er das foto von stefanie vorm hotel stefanie machte, vielleicht werden sie dann mal, später, wenn sie sich dieses foto mal wieder an schauen oder auch nur das einzige mal, bemerken, dass sie an diesem tag in wien im partnerlook herumgelaufen sind, in schwarzen dreiviertelhosen und matschgrünen t-shirts mit rundkragen. und vielleicht werden sie dann bemerken, dass das seltsam aussah. vielleicht aber auch nicht.

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Wednesday, 21. August 2013
die brücke


sie ist einspurig, ganz schmal. kommt ein auto entgegen, muss man sich früh darauf verständigen, wer zuerst fahren darf. als wir an der brücke ankommen, ist niemand sonst zu sehen. wir sind etwas spät dran, das blau der nacht hat uns eingeholt. es kann gut sein, dass wir gar keine aussicht mehr haben werden, wenn wir oben angekommen sind, bei dem steinhaus, in dessen winziger küche flusskrebse gekocht werden und tagliatelle, in der istrische trüffel gehobelt werden und das bisschen wurzelgemüse für den krebsensud. jetzt aber ist noch genug licht da. es dampft förmlich am einen ende des horizonts, während das andere schon im tiefen schwarz liegt. es legt sich über die dunkle, fast grüne drau, es kämpft sich den fluss entlang durch die schatten der ihn umschließenden hügel und berge. wir bleiben stehen. es ist ruhig. das wasser liegt wie glatt gestreift, man kann keine fortbewegung erkennen. es riecht nach feuchten wiesen, nach dem morast des ufers. die drau ist hier sehr breit, auf der brücke stehend sieht es aus, als würde sich die erde darunter wölben. ein schnelles rattern unterbricht die stille, die glätte. im schutz des schattens ist ein vogel am wasser gelandet. irgendwo hinter uns nähert sich ein auto, wir steigen ein und fahren weiter. oben angekommen, liegt das tal schon im dunkeln. fackeln brennen, eine große kerze steht am tisch, der rosenstrauch duftet erst, wenn man seine nase tief in die blüten steckt. die zahme, tischohe gans wartet, bis wir mit dem essen fertig sind. dann sucht sie die wiese um uns nach resten ab. als wir gehen, spannt sie kurz ihre flügel auf.

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Tuesday, 4. June 2013
prognose


ich wage die prognose, dass mir bücher in den kommenden jahren noch wichtiger werden, als sie es ohnehin schon sind, und zwar schon einzig und allein deswegen, weil ich schon jetzt weder andere medien gut aushalte, wo es ständig blinkt und sich ständig etwas verändert, noch andere menschen, von denen so gut wie niemand mehr es schafft, nicht gleichzeitig irgendwas zu twittern, facebooken oder irgendeinen kram auf diesen plattformen zu lesen. ich mag das nicht. ich mag bücher, die mir etwas zu sagen haben, die mir etwas sagen, und ich mag es, wenn sie meine konzentration bündeln, wenn sie es gekonnt schaffen, meine volle und ungeteilte aufmerksamkeit einzufordern. ich würde das auch bei menschen mögen, aber schon nach wenigen sekunden werden viele von ihnen so nervös, so ungehalten, dass ich das gefühl bekomme, meine anwesenheit verursacht ihnen schmerzen, mein von schweigen begleitetes nachdenken übelkeit und die langsamkeit, mit der sich bei mir gedanken zu etwas halbwegs artikulierbarem formen, das dauergefühl, gerade unfassbar viel in der welt zu verpassen. oh. wahrscheinlich haben sie da recht.

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Tuesday, 21. May 2013
zum genieren


ich lebe in einem land, in dem ein führender redakteur eines führenden medienblattes unwidersprochen twittern darf: if the book is important enough, it will find me.

ich will hier weg. ich lass den inneren thomas bernhard jetzt einfach mal zu und empfehle jedem, den es hier reinstreut, david markson zu lesen wittgensteins mätresse, eben auf deutsch erschienen. überhaupt nicht wichtig. es wird sie nie (in österreich zumindest) finden, außer sie stöbern in verquasten buchhandlungen herum. aber es wird sie bereichern, unwiderruflich.

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sexismus, reduktion auf äußerlichkeiten etc. derstandard.at braucht klicks, lässt über "die schönste...
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selbstschutz ich glaube,
jetzt kann ich ihn. jetzt hab ich ihn jederzeit zur hand. nach...
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hallo
ja, äh, hallo! schön, dass da mal wer rangeht! nee nee nee, wollte nur...
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