suna
Tuesday, 5. February 2013
rom


vielleicht liegt es daran, dass es so still ist, wenn niemand außer mir zuhause ist, vielleicht liegt es an dieser leere, die angenehm ist, weil klar ist, dass sie sich bald wieder auflösen wird, und mit sicherheit liegt es an der grundsympathie für rom, für seine einfach hingenommene, nicht weiter behandelte grandezza, dass ich meine stunden gerade so gern mit ida, der schwachen und doch starken, verbringe, mit nino, dem älteren sohn, dem nie etwas passieren wird, weil es die halunken sind, die immer irgendwie davonkommen, mit knallrotem kopf, mit glühenden augen, ohren und lippen, und mit useppe, dem kind mit den blauen augen des deutschen vergewaltigers, dem kind mit dem unbedingten lebenswillen, dass das krabbeln von blitz lernt, dem von nino angeschleppten hund, und das sprechen von nino, das allein bleibt, wenn ida unterrichtet, das sie nicht alleine lässt, wenn die bomben fallen, wenn nichts mehr steht und nichts mehr hält.

in "la storia" von elsa morante herrscht krieg. er herrscht ohne eins-zu-eins-kampfhandlungen, er herrscht in der ferne, er überkommt alles mit flugzeugen, mit ankündigungen, er herrscht über geschichten, gerüchte und zeugenberichten. er berherrscht die menschen und er berherrscht die tiere, er legt fest, wer wo wann wie wohnt, wer fliehen muss, wer davonkommen kann, er beherrscht die versorgung und unterversorgung mit lebensmittel, er beherrscht die sich weitenden grenzen, was moralisch noch zulässig ist und was selbst jetzt nicht. keine der figuren in diesem buch befürwortet ihn, keine verantwortet ihn, nicht einmal nino, der vom schwarzhemdler zum partisanen wird. die sorgen idas werden beim lesen meine sorgen und ihre naivität, ihre schlichtheit, ihre schicksalsergebenheit ist so leicht nachzufühlen, dass man sie sowieso nicht und schon gar nicht mit der eitelkeit der nachgeborenen dafür verurteilen kann. sie lebt von tag zu tag, aber sie lebt, sie bringt ihr kind durch, sie wird keine großen schritte setzen, aber sie setzt ihre schritte. für widerstand hat sie keine kraft. sie muss mehl stehlen. sie verdünnt schon zuvor verdünnte milch. wäre sie jünger, würde sie sich prostituieren. für eine schale zucker.

hier herrscht nicht der ekel, hier herrscht keine wut, hier wird nichts überhöht und manches vielleicht zu einfach geschildert. vielleicht entschuldigt diese buch auch zu viel, vielleicht kommt es mir diesbezüglich ein bisschen zupass, denn la storia stellt die unschuldigen in den vordergund, die armen, schwachen und kranken, die kinder und die tiere, die alle nebeneinander und miteinander ein auskommen finden müssen. und vielleicht mag ich all das auch, weil im vergleich zu malaparte der kunstanspruch geringer ist, dafür das vertrauen in die figuren, in die unfassbarkeit des geschehenen und wie sie sich im kriegsalltag zeigt umso größer. im leben in der stadt, zwischen testaccio, trastevere und der piazza mattei, zwischen pietralata und tiburtina, wo die verplombten waggons stehen und signora di stegna nach ihrer familie ruft und ihre familie ihr zuzischt, geh fort, bevor sie wiederkommen, und sie zurückzischt, ich will mit euch mit, ich kann nicht zurückbleiben.

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